Titelbild zum Artikel "Klimaclub treibt Dekarbonisierung der Industrie international voran: ambitionierte Agenda für 2025/2026"

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DER INDUSTRIESEKTOR: SCHLÜSSEL ZUR KLIMANEUTRALITÄT

Mit rund einem Viertel der weltweiten Emissionen spielt der Industriesektor eine zentrale Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität und für die Erreichung der Pariser Klimaziele: Die Dekarbonisierung des Industriesektors birgt enormes Potenzial für neue Arbeitsplätze und grünes Wirtschaftswachstum.

Der Klimaclub hat sich zum Ziel gesetzt, den Prozess der Dekarbonisierung der Industrie weltweit entscheidend voranzutreiben. Dafür arbeitet er sowohl an direkten Maßnahmen im Industriesektor als auch an übergeordneten politischen Strategien und der gezielten Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern. Mit mittlerweile 44 Mitgliedern, darunter Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer aus den verschiedenen Regionen der Welt, hat sich der Klimaclub seit 2022 international als zentrales Forum für eine ambitionierte und beschleunigte Dekarbonisierung der Industrie etabliert. Als solches prägt er den Diskurs an der Schnittstelle von Klimaschutz, grünem Wirtschaftswachstum und industrieller Produktion bereits heute entscheidend mit.

WELTKLIMAKONFERENZ COP29: KLIMACLUB SCHAFFT RAUM FÜR KONSTRUKTIVEN DIALOG

Bei der Weltklimakonferenz COP29 im November 2024 kamen Staats- und Regierungschefs sowie Ministerinnen und Minister der Klimaclub-Staaten in Baku zusammen. Sie unterstrichen, dass mit dem Klimaclub ein Raum geschaffen worden sei, der einen konstruktiven Dialog zu den Herausforderungen einer ambitionierten Dekarbonisierung der Industrie ermögliche. Ein gemeinsames Statement der Klimaclub-Mitglieder, das während der Klimakonferenz veröffentlicht wurde, zeigt die Ergebnisse der Arbeit in 2024:

  • Die Klimaclub-Mitglieder haben ein besseres gemeinsames Verständnis davon erarbeitet, was „Carbon Leakage“, d. h. die Verlagerung von CO2-Emissionen durch Produktionsverlagerungen infolge von Klimapolitiken, eigentlich bedeutet und welche Ansätze es gibt, mit diesem Risiko auf kooperative Art und Weise umzugehen.
  • Der Klimaclub hat die internationale Harmonisierung von Definitionen für „grüne“ industrielle Grundstoffe wie Stahl und Zement und entsprechende Methoden zur Bestimmung des Emissionsgehaltes maßgeblich vorangetrieben.
  • Mit der Global Matchmaking Platform (GMP) hat der Klimaclub ein innovatives Instrument für die Unterstützung der industriellen Dekarbonisierung in Schwellen- und Entwicklungsländern geschaffen.

Bei der COP29 wurde deutlich, dass die Dekarbonisierung der Industrie international einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Viele Länder und andere Akteure erkennen, wie wichtig es ist, den globalen Süden bei diesem Thema zu unterstützen. So kündigten beispielsweise Deutschland, das Vereinigte Königreich, Kanada und die Climate Investment Funds (CIF) an, den Aufbau kohlenstoffarmer Produktionsverfahren und grüner Leitmärkte in Entwicklungs- und Schwellenländern stärker fördern zu wollen. Dafür wollen sie zusammen rund 1,3 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung bereitstellen. Für die Bundesregierung stellt das eine konsequente Ausweitung ihrer nationalen Bemühungen dar und soll u.a. dazu beitragen, die Ambitionsstandards im Industriesektor global zu erhöhen, sodass gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer erreicht werden können.

GRÜNER STAHL UND ZEMENT: GEMEINSAM STANDARDS SETZEN, MÄRKTE STÄRKEN

Um die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben, müssen Leitmärkte geschaffen werden. Sie bieten Raum für den Einsatz und die Weiterentwicklung grüner Technologien, senken langfristig Kosten und machen innovative Ansätze alltagstauglich. Im Jahr 2024 hat der Klimaclub wichtige Weichen gestellt, um solche Leitmärkte zu fördern. Ziel ist es, emissionsfreie oder emissionsarme industrielle Grundstoffe noch in diesem Jahrzehnt zu einem Standard in der Produktion zu machen. Dazu braucht es klare, interoperable Standards und Definitionen, die weltweit anwendbar sind. Ein bedeutender Meilenstein wurde bereits erreicht: Die Klimaclub-Mitglieder erkennen eine zunehmende Konvergenz dahingehend an, wie „grüner“ Stahl und Zement definiert werden können, und bekräftigen die Prinzipien der Internationalen Energieagentur IEA) als Basis dieser Definitionen.

Für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie müssen Emissionen, die in der industriellen Herstellung entstehen, global transparent gemacht werden. Nur so können Güter wirklich verglichen werden. Dafür benötigt man standardisierte Mess- und Überprüfungssysteme. Solche Systeme schaffen Vertrauen in grüne Produkte, verhindern Greenwashing und bieten die Basis für finanzielle und regulatorische Anreize.

Abbildung 1: IEA-Prinzipien für Definitionen von Near-Zero-Emissionen Bild vergrößern

© IEA (2024). Definitions for Near-Zero and Low-Emissions Steel and Cement, and Underlying Emissions Measurement Methodologies: Summary of Emerging Understandings.

2024 hat der Klimaclub wichtige Fortschritte in diesem Bereich erzielt, und zwar auf globaler Ebene. Der Übergang von regionalen und sektorspezifischen Ansätzen hin zu einem globalen Verständnis ist ein Novum. Diese Arbeit des Klimaclubs legt den Grundstein für kohärente Marktbedingungen, die sowohl Klimaziele als auch fairen Wettbewerb fördern.

2025 wird der Klimaclub die technischen Arbeiten und politischen Diskussionen zu Definitionen und Standards weiterführen und neben Stahl und Zement weitere Grundstoffe in den Fokus nehmen. Zudem soll der Aufbau von Leitmärkten weiter vorangetrieben werden. Gemeinsam wollen die Klimaclubländer die Nachfrage für grüne Industriegüter hochfahren und somit klare Signale an Produzenten und Märkte geben. Auch mit der Frage, wie eine geordnete Transformation von grauer in grüne Produktion beschleunigt werden kann, werden sie sich auseinandersetzen, um zur Weltklimakonferenz COP30 gemeinsame Impulse für die rasche Minderung der Industrieemissionen geben zu können.

KOOPERATIVE LÖSUNGEN: HERAUSFORDERUNGEN AMBITIONIERTER INDUSTRIELLER DEKARBONISIERUNG GEMEINSAM BEGEGNEN

Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen für eine industrielle Dekarbonisierung, über die sich auszutauschen lohnenswert ist. Gleichzeitig kann es zu einer Fragmentierung der Klimaschutzmaßnahmen und zu sog. Spillover-Effekten („Nebeneffekten“) kommen, insbesondere wenn die nationalen Klimaschutzmaßnahmen in den jeweiligen Ländern in unterschiedlichen Geschwindigkeiten umgesetzt werden. Die Mitglieder des Klimaclubs haben das gemeinsame Verständnis, dass solche Spillover-Effekte positiv oder negativ sein können. Das Risiko negativer Spillover-Effekte nimmt ab, je mehr Länder ihre Dekarbonisierungsbemühungen koordinieren. Eine intensivere Zusammenarbeit kann darüber hinaus positive Spillover-Effekte erzeugen, wie beispielsweise den Austausch von Wissen und Technologie.

In 2024 beschäftigten sich die Klimaclub-Mitglieder insbesondere mit möglichen negativen Spillover-Effekten und kooperativen Ansätzen zum Umgang damit. Im Zentrum standen dabei mehrere strategische Dialoge und technische Workshops zur Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von „Carbon Leakage“. Die Mitglieder erörterten verschiedene kooperative Lösungsansätze und Möglichkeiten, diese koordiniert umzusetzen. Eine vergleichbare Art des politischen Austauschs auf höchster Ebene mit einer so diversen Gruppe aus Schwellen-, Entwicklungs- und Industrieländern existierte bislang nicht. „Carbon Leakage“ und andere Spillover-Effekte wurden bisher eher kontrovers am Rande von anderen Foren diskutiert.

Ein zentrales Ziel des Klimaclubs für 2025 ist es, gemeinsame Prinzipien für Instrumente zum Schutz vor „Carbon Leakage“ zu erarbeiten, auf denen idealerweise international koordinierte Politikansätze und konkrete Maßnahmen aufgebaut werden können. Darüber hinaus wollen die Klimaclub-Mitglieder international einheitliche Regeln für die Erhebung, Bewertung und Berichterstattung von Emissionen herbeiführen und dadurch dazu beitragen, dass der bürokratische Aufwand für Unternehmen sinkt.

DEKARBONISIERUNG DER INDUSTRIE IN SCHWELLEN- UND ENTWICKLUNGSLÄNDERN: UNTERSTÜTZUNG ÜBER DIE GLOBAL MATCHMAKING PLATFORM

Die Dekarbonisierung der Industrie ist auch in Schwellen- und Entwicklungsländern, die bislang oft unzureichend unterstützt wurden, ein zentraler Baustein für eine klimaneutrale Zukunft. Der Klimaclub setzt sich deshalb für eine inklusive Transformation ein und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 Investitionen in grüne Industrien weltweit deutlich zu steigern und den globalen Süden verstärkt dabei zu unterstützen, kohlenstoffarme Technologien einzuführen.

Das Schlüsselinstrument des Klimaclubs hierfür ist die Global Matchmaking Platform (GMP), die ihre Arbeit während der COP29 offiziell aufgenommen hat. Sie steht auch Ländern offen, die keine Mitglieder des Klimaclubs sind, und wird von UNIDO als Sekretariat betreut. Über die GMP werden zu individuellen Anfragen von Schwellen- und Entwicklungsländern maßgeschneiderte Lösungen gefunden. Zentrale Bereiche sind z. B. Unterstützung bei der Erarbeitung der neuen Nationalen Klimapläne (Nationally Determined Contributions, NDCs), der Modellierung von Dekarbonisierungspfaden, bei Kapazitätsaufbau, Technologietransfer oder der Erleichterung von Investitionen zum Übergang zu emissionsarmen und emissionsfreien Industrieprozessen. Entsprechende Anfragen werden mit Angeboten aus einem wachsenden Netzwerk von internationalen Partnern, darunter Finanzinstitutionen, Technologieentwickler und Experten (z. B. World Bank, Rocky Mountain Institute und Climate Investment Funds), zusammengebracht. Erste Unterstützungsleistungen für Länder wie Kenia, Indonesien und Marokko wurden bereits vermittelt.

In 2025 wird die Arbeit der GMP weiter ausgebaut. Ein Fokus liegt auf der Erweiterung des Partnernetzwerks und der Einbindung des Privatsektors. Darüber hinaus sind Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau und zur Politikberatung geplant. Um den Wissenstransfer zu stärken, erstellt die GMP gezielt Wissensprodukte und organisiert Austauschformate.

DER MATCHMAKING-PROZESS DER GLOBAL MATCHMAKING PLATFORM

Abbildung 2: Der Matchmaking-Prozess der Global Matchmaking Platform

© Global Matchmaking Platform

INSTITUTIONELLE STRUKTUREN GEFESTIGT, ARBEITSPROGRAMM 2025/2026 BESCHLOSSEN

Der Klimaclub, unter dem derzeitigen Vorsitz von Deutschland und Chile, hat sich auch für 2025/2026 eine ambitionierte Agenda gesetzt und nimmt als zentrale internationale Initiative an der Schnittstelle zwischen Handels-, Industrie- und Klimapolitik weiter Fahrt auf. IEA und OECD stellen gemeinsam das Sekretariat des Klimaclubs und unterstützen die Mitglieder administrativ und inhaltlich. Der Body of Members, die Mitgliederversammlung des Klimaclubs, trifft sich zweimal im Jahr und setzt die inhaltlichen und strategischen Leitplanken für die weitere Zusammenarbeit. Das erste Treffen 2025 wird Ende März in Berlin stattfinden.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Referat:
KC1 – Grundsatzfragen internationaler Klimaschutz und internationale Energiewende, multilaterale Umsetzungsinitiativen
schlaglichter@bmwk.bund.de

Offizielle Klimaclub-Website

Climate Club Statement COP29

Climate Club Mapping Report

IEA Report: Definitions for Near-Zero and Low-Emissions Steel and Cement, and Underlying Emissions Measurement Methodologies

Klimaclub auf COP29

Climate Club Matchmaking Platform

Internationale Klimaschutzinitiative und Klimaclub