Titelbild zum Artikel "EU-Investitionsförderung: Die Bedeutung marktbasierter Finanzierungsinstrumente wächst"

Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFR 2021-2027), der die maximale Gesamtsumme und die Zusammensetzung der EU-Ausgaben für einzelne Politikbereiche für sieben Jahre festlegt, fördert Investitionen in der EU in unterschiedlichen Bereichen, etwa zur Unterstützung wirtschaftlicher Aufholprozesse in Regionen oder zur Förderung von Spitzenforschung. Dabei geht es aber nicht nur darum, für welche Programme und Projekte Mittel eingesetzt werden, sondern auch um eine möglichst effiziente und wirksame Finanzierung und dafür geeignete Instrumente. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund bestehender Investitionsbedarfe zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft in der EU für die kommenden Jahre, wie zuletzt im Draghi-Bericht klar aufgezeigt.

Finanzierungsinstrumente im Mehrjährigen Finanzrahmen der EU

Neben Subventionen in Form von direkten Finanzhilfen können Projekte und Unternehmen deshalb auch durch sogenannte Finanzierungsinstrumente über den EU-Haushalt unterstützt werden. Diese marktbasierten Instrumente haben während der letzten Haushaltszyklen an Bedeutung gewonnen. Finanzierungsinstrumente wurden 2012 in der EU-Haushaltsordnung definiert und umfassen unterschiedliche Arten der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung sowie weitere Instrumente (s. Kasten für Beispiele). Sie werden in Zusammenarbeit mit Finanzintermediären wie öffentlichen und privaten Banken oder Risikokapitalgebern eingesetzt, die auch die genauen Finanzierungskonditionen (z. B. Betrag, Laufzeit, Zinsen) festlegen. Ziel hierbei ist, die vorhandenen EU-Budgetmittel möglichst effizient und effektiv einzusetzen. Schließlich können Finanzierungsinstrumente mitunter auch mit Zuschüssen kombiniert werden („blending“), d. h. Zuschüsse und marktbasierte Instrumente schließen sich nicht aus.

Marktbasierte Finanzierungsformen werden inzwischen in unterschiedlichen Politikbereichen angewandt, u. a. in der Regional-, Sozial- und Energiepolitik. Ein konkretes Beispiel sind Instrumente, die durch Nutzung von Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Kredite zu günstigen Konditionen für energetische Sanierungen ermöglichen. Ein weiteres Beispiel sind Garantieinstrumente für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), für die es etwa aufgrund von Informationsasymmetrien oft schwieriger ist als für große Unternehmen, Finanzierungen zu bekommen; für diese wird dadurch der Zugang zu Finanzmitteln wie Krediten erleichtert.

Mit Hilfe von Finanzierungsinstrumenten werden konkrete Projekte und Vorhaben finanziert. Welche Finanzierungsinstrumente mit Unterstützung von EU-Haushaltsmitteln zum Einsatz kommen, hängt u. a. von Investitionsbedarfen und dem vorliegendem Marktversagen ab. Beispielsweise braucht es für die Förderung innovativer junger Unternehmen oft eher Instrumente, die Eigenkapital stärken, während bei der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben Kredite gängiger sind. Aber auch Fragen nach angemessenen Risikoprofilen und erwarteten bzw. erwartbaren Rückflüssen sowie die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten in den jeweiligen Politikbereichen spielen bei Wahl und Ausgestaltung konkreter Instrumente eine Rolle.

Beispiele für marktbasierte Finanzierungsinstrumente, die aus dem EU-Haushalt unterstützt werden

Darlehen – hier vereinbaren Darlehensgeber und -nehmer einen Kreditbetrag für einen festgelegten Zeitraum. Der Geber verpflichtet sich, den Betrag zur Verfügung zu stellen, der Nehmer zur Rückzahlung. Unter Umständen können Darlehen mit niedrigeren Zinsen, längeren Tilgungsfristen oder geringeren Besicherungsanforderungen als am Markt vergeben werden.

Garantien – sind schriftliche Zusagen, Haftung für Verbindlichkeiten oder Verpflichtungen eines Dritten ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn ein Zustand eintritt, der die Garantieverpflichtung auslöst, etwa bei einem Kreditausfall. In der Regel beziehen sich Garantien auf andere Finanzoperationen, häufig Darlehen.

Beteiligungsinvestitionen – stellen Kapital für ein Unternehmen bereit, das direkt oder indirekt investiert wird zum Erwerb des Eigentums an diesem Unternehmen (ganz oder teilweise). Der Kapitalgeber kann damit in bestimmtem Maße Kontrolle über das Unternehmen ausüben und an Gewinnen bzw. Verlusten beteiligt werden. Die Rendite ist abhängig von Wachstum und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.

Beteiligungsähnliche Investitionen – sind Finanzierungsformen zwischen Beteiligung und Verbindlichkeiten. Sie haben ein höheres Risiko als vorrangige Verbindlichkeiten, aber ein geringeres Risiko als übliche Beteiligungen, können als Verbindlichkeiten ausgestaltet sein und sind in einigen Fällen in Beteiligungen umwandelbar.

Quelle: FI Compass – „Financial Instrument products“, Europäische Investitionsbank, EU, eigene Darstellung.

Warum der Einsatz von Finanzierungsinstrumenten sinnvoll sein kann

Der Einsatz von Finanzierungsinstrumenten ist gegenüber der Förderung durch direkte Subventionen und Zuschüsse typischerweise weniger marktverzerrend und hat weitere Vorteile. So generieren marktbasierte Instrumente wie Darlehen oder Beteiligungen oftmals Rückflüsse, d. h. aus dem EU-Haushalt eingesetzte Mittel werden zurückgezahlt und können so für weitere Investitionen verwendet werden. Auch können über Finanzierungsinstrumente zusätzliche private und öffentliche Investitionen mobilisiert werden, d. h. es wird eine Hebelwirkung von EU-Mitteln erzielt. Beispielsweise können Investitionen in kleinere Unternehmen, die auch über EU-Finanzierungsinstrumente unterstützt werden, für Business Angels und andere private Geldgeber attraktiver werden. Hierbei kann sich nicht nur das Finanzierungsvolumen, sondern auch die Wirksamkeit der Finanzierung erhöhen, weil die unterschiedlichen Beteiligten in der Finanzierungskette, etwa auch Finanzintermediäre, ihre Expertise einbringen und so Mittel in finanzierbare und realisierbare Vorhaben fließen. Marktbasierte Finanzierungsinstrumente tragen so dazu bei, dass Endempfänger nicht dauerhaft von staatlichen Subventionen abhängig werden. Je nach Art der eingesetzten Instrumente kann zudem der Transfer von Wissen zwischen unterschiedlichen Gruppen, z. B. zwischen Unternehmen, Finanzmarktakteuren und Verwaltung, unterstützt werden und einen zusätzlichen Mehrwert bieten. Aus systemischer Sicht können EU-Finanzierungsinstrumente damit auch zur Weiterentwicklung europäischer Kapitalmärkte beitragen.

Allerdings muss beachtet werden, dass auch Finanzierungsinstrumente keine Garantie für eine erfolgreiche Förderung bieten. Wichtig ist, dass je nach Projekt und Finanzierungsbedarf das passende Instrument zum Einsatz kommt. Typischerweise sind Finanzierungsinstrumente für Projekte geeignet, die künftig Einnahmen generieren oder Ersparnisse erwarten lassen, die die Rückzahlung erleichtern. Ihr Gebrauch setzt zudem Vorwissen bzw. Interesse bei Begünstigten und eine gute Zusammenarbeit mit Intermediären voraus. Auch ist die Erfolgskontrolle für Finanzierungsinstrumente und ihre Verwendung im Haushalt aufgrund der verschiedenen beteiligten Akteure und unterschiedlichen Funktionsweisen von Instrumenten insgesamt komplexer als bei direkten Finanzhilfen. Die Marktbedingungen sind oft unterschiedlich und die Anwendung der Instrumente ist teils auf sehr spezifische Gruppen, Länder oder Regionen begrenzt.

Politische Ziele marktbasiert fördern und Investitionen stärken

Mit dem InvestEU Programm, ausgestattet mit einer Haushaltsgarantie in Höhe von 26,2 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt der EU, wird die Förderung über marktbasierte Instrumente stärker auf bestimmte Politikbereiche und Ziele ausgerichtet. Die Haushaltsgarantie erhöht die Risikotragfähigkeit der InvestEU-Durchführungspartner wie der Europäischen Investitionsbank und dem Europäischen Investitionsfonds (EIB-Gruppe) sowie anderer teilnehmenden Förderbanken.

InvestEU ist Nachfolger der Investitionsoffensive für Europa und vereint unter einem Dach den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) sowie 13 weitere Finanzierungsinstrumente der EU, die seit dem MFR 2014-2020 bestehen und zuvor separat verwaltet wurden. Das Programm fokussiert dabei die Unterstützung auf vier thematische Kernbereiche: Nachhaltige Infrastruktur, Forschung, Entwicklung und Digitalisierung sowie KMU und soziale Investitionen bzw. Kompetenzen. InvestEU zielt darauf ab, langfristige Finanzierungen – z. B. zum Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur – zu ermöglichen, vor allem private Investitionen zu mobilisieren, und Europa grüner, digitaler und widerstandsfähiger zu machen. Die kürzlich veröffentlichte Halbzeitevaluation zeigt hierbei positive Ergebnisse. Ein hoher Mehrwert besteht demnach insbesondere bei der Förderung von Risikofinanzierungen; auch ist ein nennenswerter „crowding-in“-Effekt, also eine verstärkte Mobilisierung privater Investitionen und Finanzierungen, erkennbar. Die Nachfrage ist letztlich größer als das Budget des Programms.

Ausblick: Bedeutung für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und im Kontext des Draghi-Berichtes

Stärker marktbasierte Förderinstrumente können auch im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR 2028 ff.) – für den voraussichtlich im Sommer 2025 der Vorschlag der Kommission erfolgen soll – einen wirksamen Beitrag zur Unterstützung von Politikzielen leisten und dabei helfen, Haushaltsmittel möglichst effizient und wirksam einzusetzen. Neben der Frage, in welchen Bereichen solche Instrumente künftig (verstärkt) genutzt werden könnten, dürfte angesichts knapper Budgets auch an dieser Stelle das „wie“ diskutiert werden, um Investitionsbedarfe zu adressieren. Eine fundierte Vorab-Analyse der Marktbedarfe sowie gute und belastbare Mechanismen für Monitoring und Erfolgskontrolle sind hierbei wichtige Bausteine. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat in ihren politischen Leitlinien für die neue EU-Kommission zudem angeregt, dass ein stärker politik- und weniger programmbasierter MFR angepasste Instrumente bräuchte. Regeln für den Einsatz von Finanzierungsinstrumenten im nächsten MFR sollten jedenfalls eine gute Balance finden. Es bedarf der Flexibilität beim Einsatz von Mitteln, um spezifische Marktbedarfe zu bedienen und sich auch an veränderte Bedingungen anpassen zu können. Gleichzeitig könnte aber ein gemeinsames Regelwerk für den Einsatz unterschiedlicher Finanzierungsinstrumente die Transparenz im Gebrauch erhöhen sowie die Nutzung und die Skalierbarkeit von gut funktionierenden Instrumenten zur Finanzierung erleichtern.

Nicht zuletzt dürften marktbasierte Finanzierungsinstrumente auch eine wichtige Rolle im Kontext des Berichtes zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU spielen, welcher am 9. September 2024 vom ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi präsentiert wurde (vgl. in Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Ausgabe 10/2024). Der Bericht liefert eine umfassende Analyse der Herausforderungen und Chancen, mit denen die EU auf ihrem Weg hin zu mehr Wachstum und Stabilität konfrontiert ist; das erforderliche zusätzliche Investitionsvolumen (privat und öffentlich) beträgt laut Schätzungen der EU-Kommission demnach mindestens 750 bis 800 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Investitionsbedarfe und der öffentliche Beitrag dazu werden nachhaltiger zu stemmen sein, wenn auch effiziente marktbasierte Finanzierungsmethoden zum Einsatz kommen, anstatt bloße Subventionen und Zuschüsse.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA:

Referat: EB1 – Aspekte der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik, Europäische Investitionsbank, Mehrjähriger Finanzrahmen, Bund-Länder

schlaglichter@bmwk.bund.de

Halbzeitevaluation des InvestEU-Programms
vom 1. Oktober 2024

https://www.fi-compass.eu/

The future of European competitiveness: Report by Mario Draghi

Draghi-Bericht zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU, in: Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Ausgabe 10/2024